Die digitalen vernetzten Medien haben sich auf breiter Front als kooperative Werkzeuge, Plattformen und Infrastrukturen herausgestellt. Dieser Entwicklung folgend werden zahlreiche öffentliche Debatten zur „digitalen Partizipation“, zur Karriere der „Sozialen Medien“, zu den normativen und rechtlichen Grundlagen einer „digitalen Kultur“, und zur Überschneidung von medialer Produktion, Distribution und Konsumtion geführt, auf die bisher von wissenschaftlicher Seite nicht adäquat reagiert worden ist. Von Seiten der Medienforschung lassen sich die digitalen Medien nicht mehr als „Einzelmedien“ verstehen, sie verlangen vielmehr eine praxistheoretische Wende, die sukzessive ins Zentrum der deutschen Medienwissenschaft gerückt ist und ihre Forschungen in einen neuen Kontext stellt.
Gleichzeitig mit der rezenten Medienentwicklung hat sich in den Sozialwissenschaften und Naturwissenschaften – und seit einigen Jahren auch in den Kulturwissenschaften – eine Intensivierung von Forschungen über Themen der „Kooperation“ ereignet, sowohl in Biologie und Neurobiologie, der globalisierten Verflechtungs- und Umweltgeschichte, der Ethnologie, Archäologie und soziolinguistischen Anthropologie. Die Bedingungen sozialer Kooperation und mit ihnen der Kooperationsbegriff befinden sich in einer unabsehbaren transdisziplinären Debatte, die noch mehrere Jahre fruchtbar bleiben, und ihre Wirkung zwischen wissenschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Öffentlichkeiten entfalten wird.
Für historische und aktuelle Medienpraktiken kann nur ein Kooperationsbegriff angemessen sein, der die Charakterisierungen einer „Kooperation ohne Konsens“ (Star/Griesemer 1989) ermöglicht und die Temporalität alltäglicher Medien-Interaktionen und ihrer transitorischen „Objekte“ (Hindmarsh/Heath 2000) berücksichtigt. Eine entsprechende Arbeitsdefinition, die beidem gerecht wird, kann lauten: Kooperation, (definiert durch) „die wechselseitige Verfertigung gemeinsamer Abläufe, Ziele oder Mittel“. In der interdisziplinären Zusammenarbeit wird es immer Forschungsansätze geben, die vordringlich an der Verfertigung gemeinsamer Ziele oder Abläufe interessiert sind und diese zum Ausgangspunkt des Begriffs machen, während sich ein großer Teil der Medienforschung, wie aus der Etymologie des „Mediums“ nicht anders zu erwarten, auf die Verfertigung gemeinsamer „Mittel“ oder eine wechselseitige „Mitte“ richtet, auch und insbesondere dort, wo gemeinsame Ziele und Abläufe fehlen, oder eine „Kooperation ohne Konsens“ zum Ziel der Abläufe wird.
Weitere Informationen auf der Webseite www.mediacoop.uni-siegen.de